Mini-Theorie-Abschnitt: KI ist nicht gleich KI
In diesem Artikel möchte ich dir ein grobes Verständnis dazu geben, welche verschiedenen
Arten von KI es gibt und wie du sie für dein Unternehmen und deine Ziele nutzen kannst.
Damit wir uns aber sinnvoll die Unterschiede anschauen können, brauchen wir ein paar
theoretische
Grundlagen, die aus meiner Sicht heute alle Entscheiderinnen und alle Unternehmer kennen sollten,
die sich irgendwie mit digitalen Themen befassen:
Wie du vielleicht weißt, gibt es Maschinelle Lernverfahren (ML)
schon etwas länger. Etwa seit 2010/2012 wurde der Begriff in Unternehmen populär.
Man kann sagen, dass dank ML künstliche Intelligenz zum ersten Mal so richtig in Unternehmen eingesetzt
werden konnte. In der Praxis basiert jede Anwendung von KI in Unternehmen heute letztlich auf maschinellen Lernverfahren.
ML unterscheiden sich sehr vom klassischen Computer-Programm. Statt festen Regeln zu folgen,
lernt ML auf Basis von Trainingsdaten selbst, auf Basis welcher Zusammenhänge eine gewisse Antwort zustande kommt.
Dieses Lernen auf Daten bezeichnet man als Training. Wie bei uns auch, muss das Training natürlich zum Einsatzzweck passen.
Wenn ich möchte, dass meine KI mir Absätze im nächsten Monat voraussagt, muss ich sie auf Basis meiner Absatzhistorie trainieren.
Wenn ich möchte, dass sie Beschwerdebriefe von Anfragen unterscheiden kann, muss ich ihr für beide Schreiben viele Beispiele zeigen.
Seit 2023 macht der Begriff der Generativen KI (Gen-KI)
die Runde. Gen-KI nutzt maschinelle Lernverfahren, um Inhalte wie Texte oder Bilder
zu generieren. Dafür werden der KI sehr viele Texte oder Abbildungen präsentiert, von denen sie
lerntund diese später dann in Form neuer Inhalte nachahmen kann. Gen-KI ist also technisch gesehen keine Alternative zu ML, sondern basiert darauf.
Spricht man in Bezug auf Unternehmen heute von Gen-KI, meint man im Spezielleren
große, vortrainierte KI-Modelle wie ChatGPT, die schon auf sehr vielen Daten gelernt haben.
Somit können sie out-of-the-box sinnvolle Inhalte für Unternehmen generieren,
ohne dass sie noch einmal trainiert werden müssten.
KI-Modelle, die bereits mit großen Datenmengen vortrainiert wurden, sind sehr viel schneller nutzbar für Unternehmen und die Einstiegshürde ist
sehr viel geringer.
Aber wie du dir vielleicht schon gedacht hast, gibt es Fälle, wo diese generalistischen Modelle
nicht ausreichen und man doch in ein eigenes Training investieren muss.
Wichtig ist an dieser Stelle also zu verstehen:
Möchte ein Unternehmen heute KI einsetzen, etwa um Prozesse zu automatisieren bzw. um
Kosten einzusparen, muss es entscheiden, ob generalistische, vortrainierte Modelle für diesen Zweck ausreichen oder ob
Modelle mit eigenem Training benötigt werden.
Was kann ML, was kann Gen-KI?
Die Zusammenfassung aus dem ersten Abschnitt:
Während grundlegende ML-Verfahren also eher Daten analysieren um sie mit einer
gewissen Aussage zu bewerten, generiert Gen-KI neue Inhalte, zum Beispiel in Form von Text.
In der Praxis wird ML für zwei Arten von Aussagen benutzt:
-
Klassifikation: Du hast ein Ding, was du in Kategorie A, B, C, ...
packen kannst. ML kann automatisiert entscheiden, zu welcher Kategorie ein konkretes Ding gehört.
Die zu kategorisierenden Dinge können Texte, Bilder, Audioaufnahmen, historische Zeitreihen und
andere Daten sein.
Telefonate könnten wir zum Beispiel in
emotional aufgebracht
oderemotional gelassen
einteilen. - Vorhersagen: Du hast bestimmte Daten von heute und aus der Vergangenheit und möchtest eine Vorhersage für die Zukunft. Wie viele Kunden kommen nächsten Freitag in den Laden, wie viele Pflegeprodukte muss ich für nächsten Monat bestellen, wie viele Kunden werden im nächsten Quartal ihre Verträge kündigen, sind Beispiele für machbare Vorhersagen durch ML.
Gen-KI hingegen generiert Inhalte. Gerade große KI-Modelle wie etwa GPT von OpenAI haben dabei
augenscheinlich ein erstaunliches
Allgemeinwissenentwickelt. Ein solches KI-Sprachmodell generiert also nicht nur Texte, sondern kann Fachwissen aus verschiedensten Bereichen einbringen und Ausdrucksweise und Texttiefe verschiedenen Situationen und dem individuellen Kontext anpassen. Damit eignet sich Gen-KI sehr gut dazu, kreative Aufgaben wie das Schreiben von Artikeln, das Beantworten von Fragen, Programmierung von Software oder die Zusammenfassung von Informationen zu übernehmen.
Auf Basis ihres
Allgemeinwissenskann auch generative KI Daten zu einem gewissen Grad bewerten. Die vorher angeführte Aufgabe, ob eine Aussage emotional aufgeladen oder gelassen ist, kann auch sie bewerten. Entscheidungsfragen, die irgendwie auf allgemeinem Textverständnis basieren, können in aller Regel durch Gen-KI sehr gut bearbeitet werden.
Ganz praktisch: Wann nutze ich also was?
Machen wir es ganz einfach:
Du willst etwas in eine bestimmte Kategorie einteilen?
Könnte die Einteilung jemand rein auf Basis von Allgemeinwissen und Textverständnis machen, der keinen Plan von deiner Firma hat?
- Ja: Generative KI reicht wahrscheinlich aus
- Nein: ML wird wahrscheinlich benötigt
Du willst etwas vorhersagen?
In aller Regel brauchst du ML. Für eine akkurate Vorhersage benötigst du
ein ausgeprägtes Verständnis von Ursache und Wirkung im jeweiligen Bereich.
In aller Regel genügt ein gutes Allgemeinwissen nicht.
Wahrscheinlich würdest du auch
keinen Abiturienten damit beauftragen, deinen Sales-Forecast für nächstes Jahr
zu machen. Ein eigenständiges ML-Training entwickelt das notwendige
Feingespürfür Ursache und Wirkung in deinen Daten.
Du willst Texte, Schreiben, E-Mails oder andere Inhalte generieren?
Dann hilft dir natürlich Gen-KI. Wichtig ist hier die Anmerkung, dass
Gen-KI für deine Zwecke
erst richtig nützlich wird, wenn du sie mit deinen Unternehmensdaten vertraut machst.
E-Mails schreiben wird schwer, wenn man die Kunden und deren Anliegen nicht kennt.
Den Report an die Geschäftsführung mit dem Projektüberblick kann sie nur schreiben,
wenn sie eure Projekte kennt.
Interessant für dich ist nun, dass kein weiteres Training benötigt wird, um generative KI um
das notwendige Wissen zu erweitern. Wie du deine KI sicher, rechtskonform und effizient
mit den unterschiedlichen Daten in deinem Unternehmen verbindest, zeigen wir dir gerne
in einer 1:1 Beratung.
Ausblick: Weitere Spielarten und praktische Beispiele
Die Einteilung im letzten Abschnitt ist ein guter Start, um zu verstehen, in welche
Richtung ihr gehen müsst, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Wie so oft ist in der Praxis die Einteilung dann doch nicht so einfach, bzw. gibt es
zwischen Schwarz und Weiß eben noch ein Grau. So könnte es in bestimmten Fällen sinnvoll sein,
eine Beurteilung von Daten nicht mit ML vorzunehmen, sondern eine Gen-KI zu nutzen, die aber
mit ML Verfahren noch einmal nachtrainiert wird. Dies kann dafür sorgen,
dass die KI ihr Textverständnis und Allgemeinwissen behält, aber ein feineres
Verständnis zu Ursache und Wirkung bezüglich deiner Unternehmensdaten hat.
Auch wirst du für die Automatisierung komplexer Geschäftsprozesse unter Umständen
ML und Gen-KI kombinieren müssen, um das volle Potenzial zu erreichen.
Man kann aber im Allgemeinen sagen, dass Gen-KI zunehmend besser wird und
in immer mehr Fällen bereits out-of-the-box sehr gute Ergebnisse liefert, ohne
dass es ein eigenständiges ML-Training bräuchte.
Lass uns den Artikel mit einigen praktischen Lösungsbeispielen beenden, die wir
unseren Kunden bereits geliefert haben:
Akustische und visuelle Qualitätskontrolle:
In der Produktion kann die Qualität produzierter Güter mit ML geprüft werden.
Schäden wie Kratzer oder Dellen sind häufig visuell direkt einsehbar. Störungen
in mechanischen Abläufen lassen sich häufig akustisch bewerten. Maschinelle Lernverfahren
können diese Daten mit verhältnismäßig wenig Trainingsdaten zielsicher als OK oder nicht OK klassifizieren.
Automatisierte Beantwortung von Supportanfragen:
Viele Anfragen im Support wiederholen sich. Je nach Supportabteilung machen
Routinefragen teils mehr als 50% der Anfragen aus. Gen-KI kann auf Basis vergangener
Supportanfragen diese Routineanfragen identifizieren und automatisch durch
Generierung einer Antwort beantworten.
Up-Selling-Empfehlungen im Vertrieb:
Gerade bei einem komplexen Produktportfolio oder bei einer großen Variantenvielfalt
ist es nicht immer einfach, im Vertrieb die passenden Empfehlungen für Zusatzangebote
zu machen. Häufig braucht es viel Erfahrung und Verständnis zur jeweiligen Branche.
Gen-KI kann auf Basis vergangener Angebote in Form von E-Mails oder ERP-Daten
zu einer Anfrage automatisch passende Zusatzangebote finden und sie dem Vertriebsmitarbeiter
vorschlagen.
Bewertung sensorischer Daten:
In der chemischen Industrie ermöglicht ML die Analyse
gasförmiger Substanzen durch Gaschromatographen zur präzisen
Überwachung von Materialreinheit und -zusammensetzung. Ebenso können Vibrationssensoren in Maschinen durch ML frühzeitig Verschleiß erkennen, um Ausfälle zu verhindern. Diese Technologien steigern die Produktionszuverlässigkeit und verlängern die Lebensdauer der Anlagen.