Die Software-Industrie im Wandel
Was man klar sagen muss:
Es gibt für nahezu jede Art von Software heute schon sehr gute, vorgefertigte Konzepte:
Egal ob mobile App, Enterprise-Anwendung oder hochskalierbare B2C-Plattform -
Softwareteams können eigentlich für jedes neue Projekt auf Vorlagen und bewährte Go-To-Technologien zurückgreifen.
Außerdem hat KI einen bahnbrechenden Einfluss auf die Software-Industrie:
Generative KI erleichtert nicht nur die Implementierung, sondern auch die Konzeptarbeit in Software-Teams.
Große Sprachmodelle bringen aufgrund ihres Trainings von Haus aus ein sehr umfassendes Wissen zur Planung und Umsetzung von Softwaresystemen mit.
Wozu einen Software-Architekten, wenn man einfach die KI um Rat fragen kann?
Man könnte sich also zurecht fragen: Braucht es 2025 noch einen Software-Architekten?
Schauen wir uns das in diesem Artikel einmal an.
Die Rolle des Software-Architekten und deren Wandel
Der Job des Software-Architekten hat sich über die Zeit immer mal wieder verändert.
In früheren Jahrzehnten wurde Software hauptsächlich nach dem Wasserfallprinzip entwickelt. Ähnlich wie beim Hausbau, erfolgte die komplette Planung und Konzeption der Software am Anfang. Im Anschluss wurde sie nach Plan und Vorgabe der Architektur implementiert. Dementsprechend war der Software-Architekt vor allem zu Beginn eines Softwareprojekts stark involviert.
Spätestens seit dem Aufkommen agiler Methoden wie Scrum oder Kanban nach der Jahrtausendwende ist die Arbeit des Software-Architekten zunehmend projektbegleitend ausgerichtet:
Konzept und Implementierung entwickeln sich als ein Gesamtwerk fortlaufend weiter.
Einige Verfechter agiler Methoden sagen sogar, dass es den Architekten gar nicht bräuchte. Vielmehr sollte das Thema Software-Architektur die gemeinsame Aufgabe des gesamten Entwickler-Teams sein.
In der Realität zeigt sich jedoch, dass dies eine selten erreichte Idealvorstellung ist.
Warum ist das so?
Zunächst müssen wir verstehen, dass die Ausgestaltung einer Software von viel mehr abhängt als dem, was sie am Ende können soll.
Beispiele von Situationen, die eine Architektur beeinflussen können:
- Das Geschäftsmodell sieht ein Whitelabeling und Customization der Lösung für Partner vor
- Der Quellcode soll in anderen Innovationsprojekten teilweise wiederverwendet werden
- Bestehende Teamstrukturen und Erfahrungen geben einen Tech-Stack vor
- Das Einsatzgebiet der Software ist stark reguliert. Die Lösung muss On-Premise laufen
- Das Projektbudget lässt eine bestimmte Technologie nicht zu
- Die Plattform wird von tausenden Konsumenten gleichzeitig genutzt, deren Erfahrung bei Geschwindigkeitsproblemen gleich komplett im Eimer wäre
Auf die Architektur wirken also
- Qualitätskriterien
- Zielgruppe
- Branche
- Organisatorische Einschränkungen
- Technische Einschränkungen
- Und sogar Unternehmensziele
ein.
Um das alles einzufangen, muss man im Unternehmen gut vernetzt sein und sich mit vielen Leuten austauschen:
- Projektleitung
- Management
- Fachabteilungen
- Stakeholder intern wie extern
Diese komplexe Aufgabe allein dem Entwicklerteam zu überlassen, ohne eine dedizierte Rolle dafür zu schaffen, führt in der Praxis oft zu Problemen.
KI-Ratschläge als Ersatz für Software-Architekten
Die Frage, ob große Sprachmodelle wie ChatGPT, Perplexity oder Grok die Arbeit des Software-Architekten übernehmen können, ist nun schnell beantwortet:
Aufgrund der Vielzahl an Einflussfaktoren auf eine potenzielle Softwarearchitektur müsste eine KI all diese Faktoren erfassen und verstehen können. Die dafür notwendigen Informationen müssten zunächst einmal einigermaßen Präzise in Form von Daten vorliegen. In keinem Unternehmen ist dies jedoch der Fall.
Selbst wenn man sie strukturiert erfassen würde, könnte es immer noch Einflüsse aus der Historie des Unternehmens geben, was eine Erfassung noch viel schwieriger machen würde.
Um die KI also gezielt nach einem guten Ratschlag zu fragen, muss man eigentlich schon wissen, welche Faktoren einen Einfluss haben, was ja bereits Know-How in Sachen Software-Architektur erfordert.
KI kann einen Software-Architekten zwar sehr gut unterstützen und ihm bei Entscheidungen und Recherchen assistieren. Es ist also, soweit wir das absehen können, in naher Zukunft extrem unwahrscheinlich, dass KI die Rolle des Software-Architekten übernehmen wird.
Neben KI gibt es eine weitere Entwicklung, die Einfluss auf die Rolle des Software-Architekten hat: Vorlagen und Best Practices.
Die Rolle von Vorlagen und Best-Practices
Für viele Projektarten existierenden Architektur-Vorlagen, Frameworks und Plattformen, welche ein Softwareprojekt in einem bestimmten Bereich stark vereinfachen können.
Beispiel: Wenn wir eine Business-Intelligence-Lösung mit Echtzeit-Dashboards für das Management entwickeln, machen Plattformen wie Microsoft Fabric oder Snowflake die Konzeption und Implementierung eines passenden Data-Warehouses sehr viel einfacher.
Dennoch ersetzen sie die Architekturarbeit nicht.
Zunächst ist die schiere Auswahl an möglichen Technologieanbietern heute überwältigend:
Nuancen in Anforderungen und Rahmenbedingungen entscheiden darüber, ob Technologie A oder B besser geeignet ist, oder ob eine Technologie davon vielleicht sogar zum Scheitern des Projekts führen würde.
Ohne saubere Recherche und Konzeptarbeit eines Software-Architekten kann der augenscheinliche Geschwindigkeitsvorteil einer Technologie zum Fiasko werden.
Es liegt außerdem in der Natur der Sache, dass bewährte Vorlagen und Basis-Technologien außerdem vor allem für „Mainstream-Projekte“ existieren, die also wenig Sonderanforderungen haben.
Kommen spezielle Anforderungen an die Geschäftslogik, aufwändige Qualitätsanforderungen aus den Bereichen Compliance, Sicherheit, Performance oder Flexibilität hinzu, fallen sehr schnell viele Vorlagen weg, oder müssen um eigene Konzepte aufwändig erweitert werden.
Fazit
Die Rolle des Software-Architekten bleibt auch in Zukunft ein wichtiger Teil erfolgreicher Software-Projekte.
Der Job wird sich aber weiter wandeln.
KI ist eine großartige Möglichkeit, die Konzeptarbeit an Softwaresystemen effizienter zu machen.
Wie sich die Architekturarbeit durch KI verändern kann, zeigt auch ein interessanter Blog-Artikel des iSAQB [1].
Zudem können wir beobachten, dass es für die Rolle des Software-Architekten in Zukunft noch stärker verschiedene Spezialisierungen geben wird.
Dies liegt daran, dass es immer mehr Arten von Softwaretypen gibt.
Ein Software-Architekt für Embedded Systems braucht beispielsweise ganz andere Erfahrungswerte als ein Software-Architekt für Enterprise-Systeme, die KI-Modelle und RAG integrieren.
Sie möchten die Architektur Ihres nächsten Software-Projekts zukunftssicher gestalten? Wir helfen Unternehmen dabei, skalierbare und effiziente Architekturen zu entwerfen. Kontaktieren Sie uns gerne!